"Gegen Kohle und Atom - Erneuerbar ist unser Strom!"

Unter diesem Motto demonstrierten am 26.04.2014 ca. 150 Menschen gegen die Nutzung von Kernenergie und die Umweltzerstörung durch den Braunkohlentagebau Hambach. Nach einer kurzen Kundgebung am Bahnhof Buir zogen sie durch das Dorf und dann zum Umsiedlungsort Morschenich, wo die Demonstration am Ortsausgang endete.
Neben anderen Rednern sprach auch Andreas Büttgen, Vorsitzender der Initiative Buirer für Buir, bei der Kundgebung.

 

Redebeitrag von Andreas Büttgen

Hallo Aktivistinnen und Aktivisten aus Nah und Fern – Herzlich willkommen in Buir!

Wir freuen uns, dass viele hierhin gekommen sind, um gegen Atomenergie und Kohleenergie friedlich, aber eindringlich zu demonstrieren.

Gegen Kohle und Atom - Erneuerbar ist unser Strom!

Bevor wir eine Energie aus Bürgerhand schaffen, müssen wir es in die Hand nehmen, die Grundlagen dafür zu schaffen. Denn – diejenigen, die als Verantwortliche gewählt sind oder als Verantwortliche in den Energiekonzernen sitzen, nehmen ihre Verantwortung nicht wahr – also müssen wir sie immer und immer wieder dazu treiben.

Verantwortung, das ist aus meiner Sicht das zentrale Thema, wenn es um Energie geht. Das heißt:

  • Verantwortlich mit Ressourcen umgehen
  • Verantwortlich mit der Umwelt umgehen
  • Verantwortlich mit der Zukunft umgehen

Dazu wird jeder JA sagen können – das Handeln ist oft anders. Am Beispiel des Rheinischen Reviers lässt sich sehr leicht erkennen, wie hier mit der Verantwortung umgegangen wurde und wird und was die wahren Ziele sind:

In den 70er Jahren wurde mit Unterstützung von Land und Kommunen der große Braunkohleplan entworfen und entschieden. Dieser Plan ist die Rechtsgrundlage für alle Vorhaben, die RWE hier bereits durchgesetzt hat und weiter durchsetzen will. Wenn nicht gravierende Bedenken wegen Umweltverträglichkeit oder Artenschutz bestehen bzw. die energiepolitische Notwendigkeit der Kohleförderung nicht mehr gegeben ist, dann kann hier RWE nach Gutsherrenart machen, was es will.

Für dieses unselige Zusammenwirken zwischen RWE und Kommunen gibt es den entscheidenden Treiber: Die Kohle. Für die einen bedeutet es Profitmaximierung, für die anderen die Stabilisierung der Haushalte und neuer Wohlstand in den Städten. Dabei hat man gerne Hand in Hand gearbeitet und dem Wohltäter RWE viel viel zu viel Freiraum ermöglicht.

Doch diese Zeiten sind vorbei. Längst ist das Machtmonopol RWE angeknackst, steht unter Beschuss. Längst sind die Einkommensquellen der Kommunen weitestgehend versiegt. Heute heißt es eher: Rette sich wer kann. Das Modell Kohle hat gezeigt, dass es nicht zukunftsfähig ist.

Wer denkt, dass RWE sich durch fahrlässiges Handeln und grober Managementfehler selber in den Abgrund stürzt, ist aber schief gewickelt. Zu viele Menschen profitieren von diesem Unternehmen – direkt oder indirekt. Zu viele sind auf den Machterhalt und die Gewalt dieses Unternehmens angewiesen.

Schaut euch die Gemengelage an: RWE, Landesregierung, SPD, CDU, FDP, Bezirksregierung, Bergbehörde, Gewerkschaft IGBCE, Betriebsräte, Kommunen, Landräte, Bürgermeister, Fraktionsvorsitzende … und noch viel viel mehr sind abhängig, partizipieren an der Macht und ihren Möglichkeiten.

Hier ist die einzige wahrgenommene Verantwortung die Machterhaltung – um jeden Preis.

Wen kümmert's also wirklich, wenn der Hambacher Forst sterben soll?
Wen kümmerts also wirklich, wenn Grenzwerte für Feinstaub, Lärm und andere Emissionen teils weit überschritten werden?
Wen kümmert's also wirklich, wenn Bergschäden die kommunalen Kassen treffen oder Privatpersonen in den Ruin treiben?
Wen kümmert's also wirklich, wenn kostbare Ackerflächen vernichtet werden und Bauern die Existenzgrundlage entzogen wird?
Wen kümmert's also wirklich, wenn Tiere sterben, ganze Arten bedroht sind?
Wen kümmert's also wirklich, wenn Immobilienpreise in den Keller rauschen, wenn der Bagger näher kommt?
Wen kümmert's also wirklich, wenn alte Menschen nicht mehr leben wollen, weil sie umgesiedelt werden?

Keinen kümmert es wirklich – ja, Lippenbekenntnisse zu Wahlkampfzeiten, an die sich hoffentlich keiner mehr erinnert!

Deshalb liegt es an uns, Verantwortung zu übernehmen, die Zukunft unserer Erde zu ermöglichen – mit Platz und Möglichkeiten für die nächsten Generationen. Es liegt an uns, diesen Wahnsinn öffentlich zu machen und durch unser Handeln Tatsachen zu schaffen.

Dazu brauchen wir keine zentralen Machtapparate sondern neues, frisches Denken und Handeln. Es muss nicht immer mehr und mehr sein. Im Gegenteil:

  • Wir alle haben die Möglichkeit, selber etwas zum Energiesparen beizutragen.

  • Wir alle haben die Möglichkeit, Erneuerbare Energien als deren Kunden zu fördern.

  • Und wir alle haben die Möglichkeit, auf Fehler aufmerksam zu machen, auf die Straße zu gehen und Missstände anzuprangern.

Darum sind wir heute hier. Darum sind wir gemeinsam in Buir: Gemeinsam gegen Atom – Gemeinsam gegen Kohle – Gemeinsam gegen die dahinter stehenden, unbeweglichen grauen Herren der Machtapparate!

Gegen Kohle und Atom - Erneuerbar ist unser Strom!

Es ist ein gutes Gefühl, dass die Menge derjenigen, die nicht mehr zufrieden zu Hause sitzen, größer wird. Es ist gut, dass viele ihrer Unzufriedenheit Ausdruck geben. Es ist gut, dass unser Protest von unterschiedlichsten Formen lebt.  Von den Bürgerinitiativen, über die Verbände, Kirchen und vielen engagierten Bürgerinnen und Bürgern. Thematisiert durch Kunst, Literatur, Radtouren, Protest oder durch Besetzungen. Alle Formen tragen zu einem lauten, wilden, kreativen – inzwischen unüberhörbaren Protest bei. Das ist, was uns eint.

Aber die Gefahr der Spaltung steigt, wenn sich die einzelnen Formen des Widerstands verselbstständigen oder gar radikalisieren. Zwar mag der Schritt von zivilem Ungehorsam hin zu einer höheren Gewaltbereitschaft nicht allzu groß sein – er wird aber von den Menschen in der Region sehr sensibel wahrgenommen. Am Ende des Tages bekommt RWE möglicherweise genau das, worauf sie mit ihrer Kriminalisierungskampagne abzielen: Eine Spaltung des Widerstands und die Räumung der Wiese, die für viele von uns ein Symbol des Widerstands geworden ist. 

Beides wäre für unseren gemeinsamen Widerstand schlecht. Daher bitte ich ausdrücklich um Besonnenheit und um Gewaltfreiheit. Wir dürfen uns nicht hinreißen lassen zu etwas, was wir bei RWE anklagen: Gewalt gegen Menschen, Gewalt gegen das Umfeld.

Wir sind im Recht, wir haben Recht – Lasst uns das kreativ, laut und vor allem friedlich äußern.

Heute, am 28. Jahrestag der Atomkatastrophe von Tschernobyl habe ich einen großen Wunsch: Lasst uns vom Anti-Atomprotest lernen

  • dass wir Durchhaltevermögen haben,

  • dass wir viele werden – immer mehr – und unüberhörbar sind,

  • dass wir eine Welt mit Erneuerbaren erreichen, aber ohne weitere Katastrophen, wie Tschernobyl oder Fukushima.

Uns allen wünsche ich Kraft und Klarheit für unsere Bewegung. Dann werden uns unsere Gegner fürchten.

Gegen Kohle und Atom - Erneuerbar ist unser Strom!