Hambi bleibt! - Vorerst

Am 5. Oktober 2018 hat das Oberverwaltungsgericht Münster in einem vom BUND NRW angestrengten Eilverfahren beschlossen, dass RWE Power keine Rodungsarbeiten im Hambacher Wald durchführen darf, bis über die Klage des BUND gegen den Hauptbetriebsplan 2018-2020 für den Tagebau Hambach entschieden worden ist. Das bedeutet, dass der Wald zumindest vorerst vor weiterer Zerstörung gerettet ist.

In einer Pressemitteilung begründet das Gericht die Entscheidung damit, dass der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen sei und die sofortige Inanspruchnahme der bewaldeten Flächen nicht rückgängig zu machende Tatsachen schaffen würde. Bemerkenswert ist vor allem die Aussage, dass weder RWE noch die Bezirksregierung hätten stichhaltig belegen können, dass ein Rodungsstopp die Energieversorgung landes- oder gar bundesweit gefährden würde, was RWE ja immer behauptet hat. Der vollständige Text der Entscheidung enthält darüber hinaus einen guten Rat an RWE: "Im Übrigen mag die Beigeladene einer möglichen (lediglich behaupteten, bisher aber nicht hinreichend belegten) Gefährdung der Energieversorgungsicherheit auch dadurch zu begegnen, dass sie künftig auf die Verwertung bzw. Veredelung von Braunkohle in Form von Brenn- oder sonstigen Stoffen für den freien Markt verzichtet (nach Angaben der Beigeladenen ca. 12 Mio. Tonnen jährlich) und diese stattdessen nur für die Verstromung einsetzt oder jedenfalls die sonst an Dritte veräußerte Braunkohle als zur Gewährleistung der Energieversorgung vorgesehene Reserve zurückhält." (Aktenzeichen: 11 B 1129/18, Ziffer 42)

Der vorläufige Rodungsstopp ist eine Erfolg der jahrelangen rechtlichen Bemühungen des BUND NRW. Dafür sei der Organisation und ihrem Geschäftsführer Dirk Jansen herzlich gedankt. Es ist allerdings nur eine Etappensieg. Der Kampf um den Wald und damit um Umwelt- und Klimaschutz geht weiter, juristisch und politisch.

Auch in der politischen Auseinandersetzung sind wir so weit wie nie zuvor. Die Zahl der Menschen, die sich für ein Ende der Kohleverstromung einsetzen, wird immer größer. Und damit steigt der öffentliche Druck auf die Personen im Unternehmen und vor allem in der Politik, die Entscheidungen zu treffen haben. Eine dauerhafte Lösung des gesellschaftlichen Konflikts kann nur auf der politischen Ebene gefunden werden.

Dass der Kampf um den Erhalt des Hambacher Waldes eine so große Öffentlichkeit erzielen konnte, ist vor allem ein Verdienst der Menschen, die seit sechs Jahren in unterschiedlicher Besetzung im Wald leben und sich auf vielfältige Art und Weise für seinen Schutz einsetzen. Um gleich möglichen Kritikern zu begegnen: Ja, es gab im und aus dem Wald heraus Aktionen, die wir klar und deutlich ablehnen, aber die große Mehrheit der Menschen im Wald äußerten ihren Protest auf friedliche und kreative Weise. Sie haben für unser aller Wohl Entbehrungen und Risiken auf sich genommen, die wir Anderen nicht tragen können oder wollen. Dafür gebührt ihnen unser Dank.

Zu danken ist auch Michael Zobel und Eva Töller, die seit mehr als vier Jahren bei ihren monatlich Waldspaziergängen tausenden Menschen die Schönheit des Waldes nähergebracht und sie für die mit Tagebau und Braunkohlenverstromung verbundene Problematik sensibilisiert haben.

Daneben gibt es eine Vielzahl von Personen, Organisationen und Bündnissen, die sich für den Wald, für Umwelt- und Klimaschutz und für den Erhalt des sozialen Friedens eingesetzt haben. Einige von ihnen hatten sich zur Initiative Friedensplan zusammengeschlossen,  die seit 2016 immer wieder Gespräche mit Vertretern von RWE Power geführt hat, um eine Lösung für den Konflikt um den Hambacher Wald und den Tagebau zu finden. Im Juni wurden diese Gespräche, beendet, weil der Konzern jegliche Bereitschaft, zu Lösungen zu kommen, vermissen ließ. Kurz vor der drohenden Rodungssaison  hat die Initiative erneut Gespräche angeboten mit dem Ziel, die drohende Eskalation im und um den Hambacher Wald zu verhindern. Gleichzeitig hat sie die Mitglieder der Kommission "Wachstum, Beschäftigung und Strukturwandel", die Ministerpräsidenten der betroffenen Bundesländer sowie weitere politische Funktionsträger*innen in einem Offenen Brief gebeten, dieses Anliegen zu unterstützen. Leider verweigerten sich die politisch Verantwortlichen, bis ihnen das Oberverwaltungsgericht das Heft des Handelns aus der Hand nahm. Nun ruft Ministerpräsident Laschet auf einmal zu Gesprächen auf, was er bis dahin immer abgelehnt hatte.

Der Katholikenrat der Region Düren, der auch in der Initiative Friedensplan mitgearbeitet hat, veranstaltete am 19. September 2018 einen Pilgerweg mit dem Aachener Friedenskreuz von Manheim und Morschenich zum Tagebaurand. In der Manheimer Kirche St. Albanus und Leonardus wurden die Pilger von Pastor Georg Neuhöfer begrüßt, der in einer beeindruckenden Ansprache RWE, Landes- und Bundespolitik aufforderte, für einen schnellen Ausstieg aus der Braunkohle zu sorgen.

Die wachsende Öffentlichkeit führte schließlich dazu, dass auch überregionale und bundesweite Organisationen und Institutionen wie die Evangelische Kirche in Deutschland, die Bundesleitung der Deutschen Waldjugend, die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald und der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz, um nur einige zu nennen, sich zu Wort meldeten und gegen die Rodung des Waldes bzw. die Räumungsaktion durch die Polizei Stellung bezogen.

 

Einen Tag nach der Entscheidung des OVG schließlich kamen 50.000 Menschen an den Rand des Hambacher Waldes, um ihrer Forderungen nach einem schnellen Ende der Braunkohlenverstromung und einer konsequenten Umsetzung der Energiewende Nachdruck zu verleihen, In einer emotionalen Rede verlieh Antje Grothus, Gründungsmitglied der Initiative Buirer für Buir und Mitglieder der Kommission "Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung" ihrer Freude über den Rodungsstopp Ausdruck und forderte die verantwortlichen Politiker*innen auf, nicht nur den Erhalt von Arbeitsplätzen, sondern auch den der noch von der Umsiedlung bedrohten Orte an den Tagebauen Hambach und Garzweiler und den des Hambacher Waldes zu garantieren.

Um diese Forderung durchzusetzen, dürfen wir alle in unserem Einsatz nicht nachlassen. Auf dass wir am Ende sagen können:

 

Hambi bleibt! - Für immer!