Optimismus in Buir
Entscheidung über Klagen weiter offen
Gespannt erwarteten die Buirer Bürger am Mittwochabend im vollbesetzten Saal der Gaststätte "Em Verzellche" die Berichte über die Klagen gegen die Verlegung und den Ausbau der A 4. Eingeladen zu dieser Informationsveranstaltung hatte der Verein "Initiative Buirer für Buir".
Dessen Vorsitzender Andreas Büttgen freute sich sichtlich über den großen Zuspruch und bedankte sich zunächst für die großartige Unterstützung der Buirer Bürger: Immerhin hatten diese am vorangegangenen Wochenende über 3.700,-- Euro bei der Haussammlung für die Privatklage Peter Abels gespendet. Weitere größere Beträge wurden darüber hinaus direkt auf das Klagekonto überwiesen.
"Das Ergebnis zeigt, dass die Buirer nicht auf die aus unserer Sicht gezielten Falschmeldungen vor dem Wochenende hereingefallen sind" so Büttgen. Achim Großmann, Staatssekretärs im Bundes-Verkehrsministerium und Mitglied des Bundestages hatte mit einer Pressemitteilung den Eindruck erweckt, die anhängigen Klagen seien abgewiesen worden. "Unser Verein hat gezeigt, dass er kurzfristig und inhaltlich fundiert durch Gegendarstellungen reagieren kann. Wir wehren uns gegen solche lancierten Meldungen, die die Bürger nur verunsichern."
In seinem Rückblick zog Büttgen Bilanz der bisher geleisteten Arbeit. Man habe erreicht die Bürger wieder für das Thema A 4-Verlegung zu sensibilisieren und auch Zuversicht zu vermitteln, dass man eben nicht zwangsläufig der Einstellung " Et Kütt, wie et kütt" Glauben schenken sollte.
Auch ließ er die Erlebnisse bei der Anhörung im Medio in Bergheim Revue passieren, wo man auf eine aus Bürgersicht "unsägliche Allianz aus Bezirksregierung, Straßenbaubehörde und dem Energiekonzern RWE Power AG" gestoßen sei. Durch diese bürgerfern gestaltete Veranstaltung habe sich letztendlich der Widerstandswille bei den anwesenden Bürgern gefestigt.
Büttgen berichtete über weitere geplante Veranstaltungen und Aktionen, die alle das gemeinsame Ziel haben, die Lebensqualität in Buir zu erhalten. Diese sind einerseits eine kulturelle Bereicherung des Buirer Veranstaltungsangebotes und dienen andererseits als Plattform zur Unterstützung der Privatklage Abels.
"Diese Klage setzt sich stellvertretend für ganz Buir ein, um die drohenden unmenschlichen Belastungen durch Lärm und Staub in Folge der Verlegung der A 4 zu verhindern" so Peter Abels. "Unser Gutachter konnte massive methodische Fehler in den Unterlagen zum Planfeststellungsbeschluss feststellen. Ein wesentlicher Fehler ist dabei die völlig falsche Berechnung des LKW-Aufkommens. Die LKW-Klasse bis 3,5 t wurde von den Straßenplanern einfach vergessen. Insofern ist der Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig". Abels führte weiter aus, dass sämtliche Grenzwerte, wie Staub, Lärm, und andere Emissionen nur alleine durch die Autobahn übertroffen würden. So ist z.B. in der 16. Verkehrslärmschutzverordnung für Wohngebiete nachts ein Immissionsgrenzwert von 49 dB(A) festgelegt. Dieser Wert, der zum Schutz der Bevölkerung beim Neubau oder wesentlichen Ausbau von Straßen nicht überschritten werden darf , kann beim Bau wie geplant nicht eingehalten werden. Die erreichten Lärmwerte machen vielmehr zwingend eine sogenannte Summenpegelbetrachtung notwendig, die alle Lärmquellen einbezieht, die zusätzlich noch direkt neben der Autobahn verlaufen: Bundes-, S- und die planfestgestellte und in Bau befindliche Kohlebahn - und ganz nah soll nach dem Willen des Energiekonzerns RWE auch der Tagebau kommen.
Diese Betrachtung wurde im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens unterlassen.
Die Klägergemeinschaft Niederzier Ellen aus dem benachbarten Kreis Düren führt neben der Lärm- und Feinstaubproblematik sowie der Vorzugswürdigkeit einer Trassenverschiebung vor Ellen als wichtigen Klagebestandteil das Vorhandensein von tektonischen Sprüngen und Störzonen im Bereich der geplanten Trasse an. In Ellen, wo der Tagebau schon in unmittelbarer Nähe ist, haben Grundwasserabsenkungen aktuell bereits zu erheblichen Schäden an der Bebauung und den Straßenkörpern in und um Ellen, insbesondere auch im Nahbereich der Autobahn, geführt.
Bert Frambach, Mitglied der "Bürgerinitiativen gegen die Verlegung der A 4", stellte dann die BUND-Verbandsklage mit dem Schwerpunkt Naturschutz vor. Die geplante Streckenführung soll ein anerkanntes Naturschutzgebiet durchschneiden und gefährdet die Population der auf der Liste der vom Aussterben bedrohten Tierarten geführten Bechsteinfledermaus.
In einem Nebenverfahren zur Klage versucht die Klagegemeinschaft Claßen aus Buir, den sofortigen Stopp des Baus der Autobahn zu erwirken. Den dazu gestellten Antrag hat das Bundesverwaltungsgericht zwar zunächst abgelehnt, gegen die Ablehnung hat die Klagegemeinschaft jedoch vor kurzem Rechtsmittel eingelegt; über dieses Rechtsmittel ist zur Zeit noch nicht entschieden. Sollte der Baustopp erneut abgelehnt werden, will die Klagegemeinschaft das dann zuständige Bundesverfassungsgericht anrufen.
In der nachfolgenden angeregten und teils emotional geführten Diskussion wurde deutlich, dass die Buirer sich von der Stadt im Stich gelassen fühlen. Die Entscheidungen des Rates, die Klagen nicht zu unterstützen, seien in keiner Weise nachvollziehbar. Die Verwaltung und die großen Parteien haben sich, mit Ausnahme zweier kleinerer Parteien, nicht aktiv darum bemüht, sich über die Inhalte der Privatklage zu informieren, und deshalb können Sie sich auch kein Urteil über deren Erfolgsaussichten erlauben.
Die Stadt Kerpen hat aber auch nie deutlich gemacht, dass sie hinter ihren Bürgern steht. Sie erweckt vielmehr den Eindruck, einseitig Interessen gegenüber der RWE-Power AG, dem Verursacher der A 4-Verlegung, zu vertreten.
(Pressemitteilung "Initiative Buirer für Buir" vom 11.04.2008)